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Surfen in der Vergangenheit

Wie zarte Fenster in die Vergangenheit lassen Erinnerungen das Licht der Erlebnisse in unsere Seele fließen, während die Zeit unaufhaltsam voranschreitet und die Erinnerungen im Glanz der Unvergänglichkeit erstrahlen lässt.
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Juli 1955, Spielen auf der Wiese/Mainz

Juli 1955, es war ein heißer Sommer.



Vor unserem Mehrfamilienhaus hatten die Stadtgärtner den Rasen der Spielwiese gemäht und den Grasschnitt zu mächtigen Grashügeln angehäuft.

Wir Kinder nutzten die kurze Zeit bis zum Abtransport des Grasschnittes.

Aus den Grashügeln wurden schöne wohnliche Iglus gebaut.

Die Iglus stellten die runde Grundform einer Wohnung dar, es roch darin nach frischem Gras und der Boden wurde auch mit Gras ausgelegt.

Nun wurde auch gespielt!

„Vater, Mutter, Kind“, das war unser Lieblingsspiel und eigentlich ein Rollenspiel, welches das damalige Familienleben widerspiegelte.

 

Sömmeringstraße Erinnerungen


Ich bin oft mit meiner Mutter von der Sömmeringstrasse aus zum nahegelegenen Schlachthof spaziert. 

Ich erinnere mich noch genau, es war ein kleiner Weg, eingefasst links und rechts von einem hohen, mit wilden Kletterrosen überwucherten Maschenzaun.

Normalerweise sind wir morgens den Weg gelaufen.

Man konnte diesen kleinen Weg (heute Franz-Liszt-Straße) bis zum Schlachthof laufen.

Ich habe heute noch den Wohlgeruch des frischen Laubes in der Nase, wenn wir diesen Weg gelaufen sind. Mich begeisterten damals die vielen Igel, die sich an diesem Weg angesiedelt hatten.

Warum wir zum Schlachthof gelaufen sind, weiß ich heute nicht mehr genau, aber ich nehme an, dass meine Mutter dort günstig Fleisch einkaufen konnte.

Der Schlachthof existierte noch einige Jahre, sodass wir dort noch in den sechziger Jahren für unseren Hund Panzen einkaufen konnten.

Es ist heute unvorstellbar, dass man einfach so auf das Gelände eines Schlachthofes fahren konnte,  links und rechts die bereits geschlachteten Tiere an großen Stahlgestellen hängen sah.

Die ausgebeinten Knochen befanden sich aufgetürmt in großen Metallcontainern.

Für uns Kinder war es nichts Ungewöhnliches. Für uns war es „Normalität“ und wir hatten weder Schauder noch Beklemmung.

Gegenüber der Sömmeringstraße waren damals noch Schrebergärten, heute ist alles bebaut.

Meine Mutter hat mich immer davor zurückhalten müssen, in die, damals noch reichlich vorkommenden Bombenkrater hinein zu klettern.

Diese waren zu diesem Zeitpunkt (1955) bereits stark mit Buschwerk überwuchert. Daher waren sie ein idealer Spielplatz für uns Kinder. Dort konnten wir uns verstecken und in die Büsche kleine Höhlchen bauen.

Leider kam es immer wieder vor, dass sich in den verwaisten Bombenkratern noch Blindgänger befanden und bei Berührung explodierten.

Deshalb war es für uns Kinder strengstens verboten, an den baumgeraden zu spielen.

Also, erwischen lassen durften wir uns nicht!

Wenn wir erwischt worden sind, gab es damals noch eine kräftige Tracht Prügel! Das war in der damaligen Zeit noch völlig gang und gebe.

An dieser Stelle möchte ich noch mal daran erinnern, dass diese Zeit eine sehr raue und unbarmherzige Seite hatte.

Wir Kinder spielten nur eine untergeordnete Rolle. Viele von uns waren Halbwaisen, sie hatten einen Elternteil im Krieg verloren. Andere wiederum wuchsen bei den Großeltern auf oder, wenn beide Eltern nicht mehr da waren, bei Pflegeeltern.

Viele Kinder kamen damals auch in sogenannte Kinderheime, kirchliche Institutionen und Internate.

Die Erwachsenen waren rau, sehr dominant und wir als Kinder hatten vor jedem Erwachsenen Respekt zu behalten.

So kam es vor, dass man, wenn man einen Erwachsenen nicht ordnungsgemäß gegrüßt hatte, einfach eine Ohrfeige kassierte.

Zuhause sagte man am besten nichts davon, sonst verhilft man noch eine.

Ich nehme an, dass dies auch eine der Gründe war, dass wir Kinder uns bei jeder Gelegenheit in unsere Verstecke zurückzogen.

Die Bombenkrater wurden nach und nach geräumt und wischen den Neubauten.

Es war das Schöne und Wilde in dieser Zeit, was uns Kindern viel Freiheit brachte. 

Es war eine Zeit, in der noch der Eismann kam und die Eisstangen mit seinem Tempo-Kleinlaster lieferte. Während er die langen Eisstangen mit langen Stahlhaken entlud, sammelten wir Kinder die abgesplitterten Eisstückchen auf, um diese dann genüsslich zu lutschen.



Die Sömmeringstraße, ein Paradies für Kinder


Schon kurz nachdem wir in der Sömmerringstraße eingezogen waren, lernten wir unsere neuen Freunde kennen. Diese wohnten entweder im gleichen Häuserblock oder in den Häuserblöcken ganz in der Nähe.

Hinter unserem Häuserblock befand sich eine große Wiese. Dieser war umgürtet von einer kleinen Straße, welche ringförmig die Wiese umgab. Deshalb hieß diese Straße auch „Rundstraße“.

Die Wiese war vorherrschender Treffpunkt von uns Kindern. Es war ein kleiner Spielplatz vorhanden, versehen mit zwei Schaukeln, einem Sandkasten und einer Rutschbahn. 

Der Umzug in die Neustadt 1955

Im Juni 1955 war der große Umzug von der Oberstadt in die Neustadt.

 

Dort haben meine Eltern eine Dreizimmerwohnung in einem der neu erschaffenen Mehrfamilienhäuser in der Sömmeringstraße ergattert.

 

Das war zum damaligen Zeitpunkt gar nicht so leicht, man musste viele Anträge stellen und die Notwendigkeit als auch die Bedürftigkeit nachweisen.

 

Mein Vater war damals Referendar im Frauenlobgymnasium und da es 1953 kaum Gymnasiallehrer gab (viele waren im Krieg gefallen) befand die Behörde, dass eine Dreizimmerwohnung der jungen Lehrerfamilie zustünde.

 

Zu dem Zeitpunkt fuhr mein Vater noch mit dem Fahrrad zu seiner Arbeitsstelle.

 

Ein kleines Auto wurde erst später (1956) angeschafft.

 

 Ich erzähle noch davon später.