Ich bin oft
mit meiner Mutter von der Sömmeringstrasse aus zum nahegelegenen Schlachthof spaziert.
Ich erinnere mich noch genau, es war ein kleiner Weg, eingefasst links und rechts
von einem hohen, mit wilden Kletterrosen überwucherten Maschenzaun.
Normalerweise sind wir morgens den Weg gelaufen.
Man konnte diesen
kleinen Weg (heute Franz-Liszt-Straße) bis zum Schlachthof laufen.
Ich habe heute
noch den Wohlgeruch des frischen Laubes in der Nase, wenn wir diesen Weg
gelaufen sind. Mich begeisterten damals die vielen Igel, die sich an diesem Weg
angesiedelt hatten.
Warum wir zum Schlachthof gelaufen sind, weiß ich heute nicht mehr genau, aber
ich nehme an, dass meine Mutter dort günstig Fleisch einkaufen konnte.
Der Schlachthof existierte noch einige Jahre, sodass wir dort noch in den
sechziger Jahren für unseren Hund Panzen einkaufen konnten.
Es ist heute unvorstellbar, dass man einfach so auf das Gelände eines
Schlachthofes fahren konnte, links und
rechts die bereits geschlachteten Tiere an großen Stahlgestellen hängen sah.
Die ausgebeinten Knochen befanden sich aufgetürmt in großen Metallcontainern.
Für uns Kinder war es nichts Ungewöhnliches. Für uns war es „Normalität“ und
wir hatten weder Schauder noch Beklemmung.
Gegenüber der Sömmeringstraße waren damals noch Schrebergärten, heute ist alles
bebaut.
Meine Mutter hat mich immer davor zurückhalten müssen, in die, damals noch reichlich vorkommenden Bombenkrater hinein zu klettern.
Diese waren zu
diesem Zeitpunkt (1955) bereits stark mit Buschwerk überwuchert. Daher waren sie
ein idealer Spielplatz für uns Kinder. Dort konnten wir uns verstecken und in
die Büsche kleine Höhlchen bauen.
Leider kam es immer wieder vor, dass sich in den verwaisten Bombenkratern noch
Blindgänger befanden und bei Berührung explodierten.
Also, erwischen lassen durften wir uns nicht!
Wenn wir erwischt worden sind, gab es damals noch eine kräftige Tracht Prügel! Das war in der damaligen Zeit noch völlig gang und gebe.
An dieser Stelle möchte ich noch mal daran erinnern, dass diese Zeit eine sehr raue und unbarmherzige Seite hatte.
Wir Kinder spielten nur eine untergeordnete Rolle. Viele von uns waren Halbwaisen, sie hatten einen Elternteil im Krieg verloren. Andere wiederum wuchsen bei den Großeltern auf oder, wenn beide Eltern nicht mehr da waren, bei Pflegeeltern.
Viele Kinder kamen damals auch in sogenannte Kinderheime, kirchliche Institutionen und Internate.
Die Erwachsenen waren rau, sehr dominant und wir als Kinder hatten vor jedem Erwachsenen Respekt zu behalten.
So kam es vor, dass man, wenn man einen Erwachsenen nicht ordnungsgemäß gegrüßt hatte, einfach eine Ohrfeige kassierte.
Zuhause sagte man am besten nichts davon, sonst verhilft man noch eine.
Ich nehme an,
dass dies auch eine der Gründe war, dass wir Kinder uns bei jeder Gelegenheit
in unsere Verstecke zurückzogen.
Die Bombenkrater wurden nach und nach geräumt und wischen den Neubauten.
Es war das Schöne und Wilde in dieser Zeit, was uns Kindern viel Freiheit
brachte.
Es war eine Zeit, in der noch der Eismann kam und die Eisstangen mit seinem Tempo-Kleinlaster lieferte. Während er die langen Eisstangen mit langen Stahlhaken entlud, sammelten wir Kinder die abgesplitterten Eisstückchen auf, um diese dann genüsslich zu lutschen.