Wenn der Herbst in Sicht sich ankünigte, war das immer etwas ganz Aufregendes.
Schließlich meldete er sich dominant mit den ersten Stürmen an!
Wir Kinder kauften ein: Schnur, dünne Holzlatten, Verpackungspapier und Kleber.
Daraus wurden dann die Drachen gebastelt.
Es gab richtige Spezialisten, diese wussten genau, wie lange ein Drachenschwanz sein durfte.
Ab welcher
Windstärke man Gewichte anhängen musste, um so den Drachen besser zu steuern.
Auch die Schnur wurde regelmäßig verlängert, zweimal Schnur oder sogar drei mal Schnur!
Ein Fiasko, wenn der Drachen sich in irgendwelchen Gebäuden oder Bäumen verheddert hatte.
Hier warteten die "Spezialisten" geduldig, bis man aufgab oder das Einholen des Drachens abbrach. (man musste ja zum Abendbrot!) Dann behielten sie den Drachen einfach.
Herbst war für uns Kinder eine großartige Zeit zum Spielen. Er hat so viele
Fassetten, dass wir ohne viel Spielzeug große Freude hatten!
Besonders
schön fand ich es, wenn ich bei meinem Freund Michael Drachen steigen ließ.
Michael wohnte mit seiner Familie in einem Reihenhaus in der Mainzer Oberstadt.
Da in dieser Zeit die brachliegenden Flächen noch nicht bebaut waren, befand
sich ganz in der Nähe eine große Wiese, viel größer als die Wiesen, die ich
kannte. Michael, ja, der war wirklich ein Spezialist und mit ihm zusammen war
es eine richtige Freude, Drachen mit allen Raffinessen zu bauen.
Wenn die Tage langsam kürzer wurden und es früher dunkel wurde, dann wurde es
heimelig.
In dieser Zeit wurde viel gelesen, viel gebastelt und ich liebte es, mit
Wasserfarben auf einem DIN-A drei Block zu malen. Dazu hatte ich einen Spezial-Wasserfarbenkasten. In einem normalen Wasserfarbenkasten waren nur zehn Farben
und eine kleine Tube weißer Farbe.
Aber ich hatte einen Kasten bekommen mit 50 Farben. Der reizte mich immer
wieder, neue Skizzen und neue Bilder zu entwerfen. Dabei ging die Überlegung
schon dahin, ein Bild als Geschenk für meine Großmutter zu entwerfen. Diese
bekam regelmäßig von mir zu Weihnachten ein Bild geschenkt.
Gerade in den Herbstferien war ich oft bei meiner Großmutter in Gimsheim. Dort
war es zu dieser Zeit üblich, dass Zuckerrüben geerntet worden sind. Diese
höhlten wir Kinder aus, schnitzten ein Gesicht hinein, stellten eine Kerze
hinein und schon war ein Rübenmann fertig. Wir stellten solche Rübengesichter
an das Fenster.