Meine Großeltern väterlicherseits habe ich nie kennengelernt, da sie im Bombenangriff auf Darmstadt ums Leben kamen.
Ich habe schon erzählt, dass Gimbsheim die kleine Gemeinde war, in der meine Großeltern wohnten.
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Meine rheinhessischen Großeltern, Loni und Jakob |
Mein Großvater, Jakob, geb. 8. Dez. 1893, war Metzger. Er war wohl kein leidenschaftlicher Metzger, denn er wurde in seiner Jugend genötigt, diesen Beruf zu erlernen. Das wurde von ihm verlangt, da er eine existente Metzgerei weiterführen sollte.
Mein Großvater war künstlerisch begabt und wollte an und für
sich Maler oder Zeichner werden. Einige seiner Zeichnungen habe ich noch
gesehen, leider sind sie heute verschollen.
Auch war mein Großvater sehr musikalisch, er beherrschte das Klavierspiel und, woran ich mich noch gut erinnere, die Mundharmonika. Daher war er immer ein beliebter Gast, denn die Menschen hörten ihm gerne zu, wenn er mit seinen Instrumenten für gute Stimmung sorgte.
Sportlich war er in seiner Jugend auch, er war Ringer und durch seine untersetze und kleine Statur sehr erfolgreich, so lt. den Erzählungen meiner Oma.
So wurde mein Großvater zum Metzger ausgebildet. Ich nehme
an, irgendwann einmal hat er diesen Wunsch aufgegeben und den Metzger Beruf
erlernt. Dabei er hat eine neue Begabung bei sich entdeckt, nämlich das Würzen.
Mit dieser Leidenschaft wurden seine Wurstwaren über die Dorfgrenzen hinaus
bekannt. Darauf war er und die ganze Familie sehr stolz.
Bekannt war auch seine "Häuschenwurst", eine Wurst in Form eines kleinen Hauses.
Mein Großvater war ein kleiner, dicker Mann. Er hatte einen Schnurrbart, genauso einer wie Charlie Chaplin. Deshalb wirkte er auch sehr lustig und er hatte auch zweifellos eine sehr lustige Art.
Demgegenüber konnte er sich auch sehr cholerisch verhalten und war auch zuweilen sehr barsch zu seinen Mitmenschen.
Zu uns Kindern war unser Opa herzensgut und ich habe ihn nie mit uns schimpfen gehört.
Gerne machte er uns Kindern große Scheiben Brot mit sehr viel Mett und Zwiebeln drauf.
Das trieb er so weit, dass ich noch jahrelang eine Phobie gegen jede Art von Hackfleisch hatte.
Es war wohl die stilgerechte Art meines Großvaters, dass er so gerne kochte. So hatte er seine Spezialitäten und wir erinnern uns heute noch gerne an die appetitlichen Speisen, die er zubereitet konnte.
Mein Großvater starb schon sehr früh. Er war krank, hatte hochgradig Diabetes und richtete sein Verhalten in keinster Weise nach dieser Krankheit aus.
Meine Schwester hat noch in Erinnerung, dass unser Opa hat immer zu viel Fleisch gegessen hat. Als sie damals (1953) etwas 5 Jahre alt war, bekam sie noch mit, dass ihm sein Arzt dringend geraten hatte, 1x in der Woche kein Fleisch
zu essen.
Also gut. Unsere Oma ist dann in ein Milchgeschäft gegangen und hat "waasche Kees" (Quark) gekauft, den der Opa mit Widerwillen herunterwürgte. Sie haben damals den Quark auch nicht gewürzt, so wie wir heutzutage machen.
Als Belohnung für sein Heldentum und auch,um einen besseren Geschmack in den Mund zu bekommen, hat er dann 2-3kleine Gläser "Kümmel" getrunken. Danach war die Welt für ihn wieder in Ordnung.
Ich war gerade mal fünf Jahre alt, als er starb. Er war der erste Tote, den ich in meinem Leben sah. Jählings wurde mir das erste Mal bewusst, dass unser Leben zeitlich nur begrenzt ist.
Zu meiner Großmutter habe ich noch einmal eine ausführlichere
Ausführung ==> Hier
Meine Großmutter, Loni (Apollonia), geb.16.02.1895 , war eine sehr harmonische Frau. Sie war in der Lage, die aufreibenden Launen meines Großvaters gelassen auszustehen und ihn zu beruhigen.
Meine Oma bewirtschaftete den ganzen Hof, also die vollständige Landwirtschaft gänzlich allein.
Ich habe sie dabei nie wehklagen gehört.
Ich habe sie immer in Erinnerung, dass sie den ganzen Tag über eine hellblaue Schürze umhatte. Diese war auch notwendig, denn meine Großeltern gingen noch einer kleinen Landwirtschaft nach.
Das war unumgänglich, da meine Großeltern ihre Metzgerei in früheren Jahren aufgeben mussten und mein Großvater nur noch Hausschlachtungen vornahm.
Daher waren meine Großeltern arme Leute und auf das Geringfügige, was sie aus der Landwirtschaft herausholen konnten, finanziell angewiesen.
Meine Großmutter stand morgens recht früh auf, meistens um 5:00 Uhr, nämlich dann, wenn die Tiere ihr Futter verlangten und die ersten Hühner zu gackern begannen. So holte sie zunächst die Eier aus den Nestern, danach bekamen die übrigen Tiere ihr Futter.
Wenn das alles vollbracht war, bereitete meine Großmutter
das Frühstück vor. Für uns Kinder gab es immer leckeres Weißbrot mit Butter,
Marmelade und Wurst.
Zu trinken bekamen wir Caro Kaffee oder frische Milch.
Danach fuhren Großvater und Großmutter mit dem Leiterwagen und dem Pferd auf die Felder, um die Ernte einzufahren oder diese zu bestellen.
Wenn wir Kinder in den Ferien bei unseren Großeltern waren, wurden wir grundsätzlich mitgenommen.
Wir mussten aber nicht mitarbeiten, sondern wir spielten in der Nähe des Rheins, wo sich ein Teil der Felder befand.
Meine Großmutter war so den ganzen Tag beschäftigt. Sie
lächelte kaum, war aber dennoch eine sehr freundliche Frau.Ab und zu konnte sie aber auch unvermittelt so heftig lachen, dass ihr die Tränen die Wangen runterliefen. Das war aber wirklich sehr selten.
Ich kann mich nicht erinnern, dass sie mich je einmal in den Arm genommen hätte. Aber ich spürte dennoch, dass sie uns sehr liebte.
Abends, nach getaner Arbeit, pflegte sich meine Großmutter. Das war für mich immer ein aparter Anblick, wenn sie ihren Haarknoten aufknüpfte, das Haarnetz entfernte und ihre Haare lang über ihre Schultern hingen.
Es war damals noch nicht üblich, wochentags eine Ganzkörperpflege durchzuführen. Deshalb wusch sich meine Großmutter unter den Achseln und im Gesicht und die Hände und cremte sich schön ein.
Anschließend duftete meine Großmutter nach Kernseife und Maiglöckchen, ich
liebte sie.
Obwohl meine Großmutter eine karge Wesensart harte, konnte man mit ihr über alle Themen reden und diskutieren.
Das wunderte mich oftmals, denn auf den ersten Blick konnte man nicht vermuten, dass sie so viel Bildung besaß.
Ihre Geradheit und ihr Wirklichkeitssinn waren für mich so bemerkenswert, dass ich sie selbst als Jugendlicher noch um ihren Rat fragte.
Ihre Erwägungen waren für mich immer ein sehr wichtiger Maßstab, um Entscheidungen in meinem Leben zu fällen.
Meine Großmutter war eine sehr gute Köchin und viele Rezepte von ihr habe ich später übernommen. Das ging aber nur, weil sie mir die Rezepte zeigte und mit mir zusammen zubereitet hat.
Unsere Oma war der Ruhepol in der Familie.